Faszination Faszie – und was sie fit hält
Das Wort Faszie ist in den letzten Jahren im täglichen Sprachgebrauch deutlich verstärkt ans Tageslicht getreten. Doch was steckt hinter dem Wort, wie hängen Schmerzen und Faszien zusammen und welche Auswirkungen haben Ernährung, Bewegung und Stress auf die Faszien? Faszination Faszie – wir haben die Antworten!
Was sind Faszien?
Die Faszie, allgemein auch als Bindegewebe bekannt, bezeichnet ein elastisches Gewebe, welches überall im Körper vorhanden ist. Die Faszie umgibt Gefäße und Organe und durchzieht Muskeln. Zudem dient sie zur Abgrenzung einzelner Muskeln gegeneinander.
Wozu dienen Faszien?
Das Fasziengewebe hat eine Vielzahl an Funktionen: so dient es der Kraftübertragung, der Stabilität von Gelenken und Organen, als Stoßdämpfer, als Sinnesorgan für die Reizweiterleitung, als Wasser- und Energiespeicher, und ist Teil des Immunsystems. Da die Fasern der Faszien parallel zum Muskel verlaufen, können Scherkräfte zu Verletzungen führen. Dadurch kommt es zu Verdrehungen oder Aufspaltungen der Faszien. Im Fasziendistorsionsmodell (kurz FDM) werden drei Störungsformen bei Triggerbändern unterschieden.
„Ein verdrehtes Faszienband gleicht einem Schal, dessen Anfang und Ende fixiert sind und der in der Mitte verdreht wird. Durch das Aufspalten der Fasern kommt es immer zu einer Verkürzung der Faszien. Dies erklärt die auftretenden Bewegungseinschränkungen in der Achse des Triggerbandes“,
erklärt Schmerzspezialist Markus Janisch.
Einlagerung von Kalzium entlang einer Stresslinie
Wirkt ein permanenter Zug auf die Faszie (z. B. auf die Achillessehne beim Langstreckenläufer), kann durch Einlagerung von Kalziumkristallen entlang der Faszie eine „Stresslinie“ entstehen. Die Faszie verliert dadurch in erheblichem Maße ihre Geschmeidigkeit.
Wie hängen Schmerzen und Faszien zusammen?
Schmerzen entstehen, da Nozizeptoren im Gewebe gereizt werden. Die Folge ist eine Ausschüttung verschiedener Schmerzmediatoren wie z. B. Histamin und Serotonin. Über Nervenfasern erfolgt die Weiterleitung über das Rückenmark und schließlich zum Gehirn. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass Verhärtungen des Bindegewebes zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen können. Golfer- und Tennisellenbogen, Frozen Shoulder, unspezifische Rückenschmerzen und weitere Schmerzbilder am Bewegungsapparat gehen einher mit einer histologisch nachweisbaren Ansammlung von Bindegewebszellen im Schmerzbereich. In der Praxis zeigt sich, dass auch diffuse Symptome, wie Tinnitus, Kopfschmerzen, Atemnot, Depression oder Angst und Empfindungsstörungen, durch Behandlung der Faszien beeinflusst und verbessert werden können.
Vorsicht bei Wärme- und Kälteanwendungen
Bei Schmerzen am Bewegungsapparat, wie z. B. Rückenschmerzen oder Nackenbeschwerden, wird immer noch sehr oft zu Wärmeanwendungen geraten. Zwar führen Wärmeanwendungen zu einer vermehrten Durchblutung, was eine kurzfristige Linderung bedeuten kann. Jedoch kommt es auch zu einer vermehrten Aktivität der Fibroblasten. Im Sinne des FDM neigen diese, vor allem bei gleichzeitiger Ruhigstellung dazu, eine Wundheilungsreaktion einzuleiten, wodurch es bei einem Übermaß an Fibroblasten zu Verklebung des Fasziengewebes kommt.
Die Beweglichkeit und Gleitfähigkeit des Gewebes werden also auf lange Sicht schlechter, der Schmerz bleibt. Innerhalb einer Therapie rate ich nur in Ausnahmefällen zu Wärmeanwendungen. Auch Eisanwendungen sehe ich kritisch, da diese nur eine kurzfristige Schmerzlinderung ermöglichen und dem Gewebe schaden können. So kann es z. B. durch Eisanwendungen zu lokalen Gewebeschädigungen kommen; zudem wird die Wundheilung behindert, indem die Zytokinausschüttung gehemmt wird. Durch Kälteanwendungen wird die Grundsubstanz des Gewebes eher viskoser und damit schwergängiger, und es wird vermutet, dass Kälte zu Ödemen führen kann.
Bei akuten Schmerzen führt die Selbstbehandlung mit Faszienrollen und Bällen oft nicht zum gewünschten Erfolg. Allerdings wirkt die Faszienrolle durch den Druck wie das Auspressen eines Schwammes auf das Gewebe und fördert damit den Flüssigkeitsaustausch; sie wirkt aber eher unspezifisch und hilft z. B. wenig bei Triggerbändern, Kontinuumsdistorsionen oder hernierten Triggerpunkten.
Bälle sind meistens zu groß, um wirklich einen Effekt auf z. B. einen hernierten Triggerpunkt zu haben. Bei einer Zylinderdistorsion hat sich die Anwendung einer Akupressur-Matte als hilfreich erwiesen. Durch den Zugreiz auf die oberflächliche Faszie kann sich das Gewebe neu „ordnen“. Bei starken Schmerzen sollte aber ein Therapeut aufgesucht werden, da hier oft mehrere Distorsionen vorhanden sind und eine Eigenbehandlung oft nicht möglich ist.
Ernährung und Faszien
In jedem Fall kann durch eine angepasste Ernährung Einfluss genommen werden. So zeigen Erfahrungswerte, dass Gluten, Schweinefleisch, ein übermäßiger Konsum von Milchprodukten und hoch verarbeiteten Lebensmitteln einen negativen Effekt auf das Gewebe haben. Idealerweise ist die Ernährung möglichst natürlich, mit ausreichend Gemüse und Obst sowie gesunden Protein- und Kohlenhydratquellen. Zusammengefasst sind folgende Ernährungsfaktoren förderlich für ein gesundes Gewebe.
- Vier Aminsosäuren für die Faszien: Arginin, Glutamin, Lysin und Prolin
- Fette: Omega-9 und Omega-6
- Antioxidantien: Zink, Vitamin C und A, Flavonoide, OPC (Proanthocyanidine)
- Sekundäre Pflanzenstoffe: Allicin aus Zwiebeln und Knoblauch; Capsaicin bzw. Curcumin
- Faszien wollen Wasser: Faszien bestehen zu fast 80 Prozent aus Wasser. Deswegen sind mindestens zwei Liter Wasser am Tag empfohlen. Alternativen: ungesüßte Früchte- und Kräutertees oder Infused Water (erfrischendes Früchtewasser)
Stress und Faszien
Mit am stärksten beeinflusst wird die Faszie durch Stress. Da das vegetative Nervensystem und das Fasziensystem eng verbunden sind, beeinflussen sie sich gegenseitig. So kommt es z. B. durch Botenstoffe wie dem Transforming Growth Factor (TGF-β1) und pro-inflammatorischen Zytokinen zu einer Gewebssteifigkeit (9). Zudem fördert Cortisol, ausgeschüttet durch langanhaltenden Stress, eine Versteifung des Fasziengewebes. Der bei Stress aktivierte Sympathikus erhöht zusätzlich die Grundspannung im Gewebe, die Gleitfähigkeit wird eingeschränkt und es kommt zu einer Behinderung des Lymphflusses. Besonders negativ wirkt sich langanhaltender Stress aus, da unser Körper natürlicherweise nur auf kurze Stressphasen ausgerichtet ist. Da Stress oft begleitet wird von schlechten Essgewohnheiten und mangelnder Bewegung, ist die Entstehung von Distorsionen im Gewebe fast immer multifaktoriell.
Faszien lieben Bewegung
Faszien mögen Bewegung, man sollte sich also jeden Tag so abwechslungsreich wie möglich bewegen. Ob Klettern, Gymnastik oder Mobility-Übungen: je vielfältiger, desto mehr profitiert das Gewebe davon. Zusätzlich sind Faszienstretches und Powerstretches, Yoga und Pilates für den Erhalt der Beweglichkeit und Fasziengeschmeidigkeit sehr hilfreich.
Wenn du mehr über das Thema Faszien erfahren möchtest, bist du eingeladen, mit Schmerzspezialist und LIFESTYLE-Trainer Markus Janisch Kontakt aufzunehmen.